Das entsetzliche Massaker der Terrororganisation Hamas am 7.Oktober 2023, bei dem über tausend Menschen getötet und Hunderte verschleppt wurden, markiert eine schreckliche Zäsur für die jüdische Gemeinschaft weltweit. Für die Hinterbliebenen der Opfer dieses brutalen Angriffs steht die Zeit still. Die Geiseln und ihre Angehörigen leben seither in unvorstellbarer Ungewissheit.
Gleichzeitig müssen wir mit größter Besorgnis feststellen, dass es seit dem 7. Oktober 2023 in Deutschland einen schockierenden Anstieg antisemitischer Übergriffe gegeben hat. Das Sicherheitsgefühl vieler Jüdinnen und Juden in Deutschland ist erschüttert.
Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland in Sicherheit leben können und sich auf unsere uneingeschränkte Solidarität verlassen können.
Als Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung sage ich ganz klar: Der Kampf gegen Rassismus ist nur dann glaubwürdig und erfolgreich, wenn er unweigerlich mit einer klaren Ächtung von Antisemitismus einhergeht – und umgekehrt.
Der anhaltende Krieg in Israel, Gaza und nun auch im Libanon ist ebenfalls eine Zäsur für die gesamte Region des Nahen Ostens. Die Zivilbevölkerung leidet in einem Ausmaß, das tief betroffen macht – mit zehntausenden unschuldigen Opfern. Für viele Menschen hier in Deutschland, die Familie und Freunde in der Region haben, ist die Situation schier unerträglich.
Auch für das Leid und den Schmerz der palästinensischen Zivilbevölkerung müssen wir in Deutschland Raum für Trauer und Mitgefühl schaffen. Dabei ist es entscheidend, dass die palästinensische Identität und ihre Symbole nicht pauschal unter Generalverdacht gestellt oder abgewertet werden.
Ebenso alarmierend ist, dass seit dem 7. Oktober ein dramatischer Anstieg von antimuslimischem Rassismus zu verzeichnen ist. Auch hier ist unsere Solidarität gefragt, und wir dürfen nicht zulassen, dass diese Formen von Hass und Diskriminierung in unserer Gesellschaft Raum greifen.
Die aktuelle Lage mit weiteren Eskalationen beobachte ich mit größter Sorge. Die diplomatischen Bemühungen für einen Waffenstillstand und zur Deeskalation müssen endlich konkrete Ergebnisse zeigen. Gerade in diesem ersten Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel scheinen Frieden und Aussöhnung im Nahen Osten ferner denn je. Doch eines ist klar: Für eine nachhaltige Befriedung des Konflikts ist ein glaubwürdiger Weg hin zu einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung unerlässlich.
Unser Ziel muss es sein, Solidarität in all ihrer Vielfalt zu leben – Empathie im Plural, mit den Menschenrechten als unverrückbarer Wertebasis. Der Kampf gegen Antisemitismus und jede Form von Rassismus muss Hand in Hand gehen. Nur so kann ein friedliches Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft mit ihren transnationalen Bezügen und Identitäten gelingen. Wir dürfen den Dialog zwischen allen Gemeinschaften nicht abbrechen lassen, sondern müssen die Orte des Gesprächs und des Austauschs offenhalten. Dafür setze ich mich mit voller Überzeugung ein.